Gesundheit stärken mit Klang und Klangmassage
Viele Menschen sind augenblicklich von den Klängen der Klangschalen fasziniert. Sie scheinen auf besondere Weise vertraut und laden zum Innehalten, zur Innenschau ein. Es wird vermutet, dass die große klangliche Ähnlichkeit zwischen den Klängen der Klangschalen und der Geräuschkulisse, wie sie ein Ungeborenes hört hierbei eine Rolle spielen. Das Besondere der obertonreichen Klänge der Instrumente asiatischer Herkunft ist, dass sie nicht nur hörbar, sondern auch deutlich spürbar sind, denn von der klingenden und damit schwingenden Schale gehen sanfte Vibrationen aus. Genau das nutzt die sogenannte „Klangmassage“, die Anfang der 1980er Jahre von dem Pädagogen und Ingenieur für Physikalische Technik Peter Hess entwickelt wurde.
Klangmassage – Ein ganzkörperliches Erleben
„Der Ton der Klangschale berührt unser Innerstes, er bringt die Seele zum Schwingen. Der Klang löst Spannungen, mobilisiert die Selbstheilungskräfte und setzt schöpferische Energien frei.“, so Peter Hess. Vereinfacht gesagt, werden bei einer Klangmassage verschieden große und schwere Therapieklangschalen nach einem bestimmten System um und/oder auf den bekleideten Körper positioniert und sachte mit einem Filzschlegel angeschlagen. Die meisten Menschen kommen bereits bei der ersten Klangmassage in eine tiefe und wohltuende Entspannung. Das harmonische Zusammenspiel der Klänge beruhigt den Geist. Die Klangschwingungen breiten sich sanft über die Haut und durch das Köpergewebe, über Knochen, Körperhohlräume und Organe im gesamten Körper aus – eine Art feinster Massage. Im Zuge der einsetzenden Entspannung werden Atmung, Herzschlag, Puls, Hautwiderstand, Blutdruck, Stoffwechsel und Verdauungssystem beeinflusst – Regeneration auf allen Ebenen kann geschehen.
Stressprävention mit Klangmassage
Regelmäßige Klangmassagen haben nachweislich positive Auswirkungen auf die Verarbeitung von Stress und das Wohlbefinden im eigenen Körper. Dies konnte 2007 eine Untersuchung mit 200 Probanden zeigen, die vom Europäischen Fachverband „Klang-Massage-Therapie e. V.” in Kooperation mit dem Institut Dr. Tanja Grotz durchgeführt wurde. „Ich rege mich nur noch selten auf, habe weniger Kopfschmerzen und bin viel ruhiger geworden“, so das Resumee einer Teilnehmerin. Klang-Konzerte, wie sie beispielsweise der Musiktherapeut und Musiker Robert Hoheneder anbietet, oder Klangmeditationen in Gruppen können eine ideale Gelegenheit sein, eine kleine „Auszeit“ in der Hektik des Alltages zu finden und von den wohltuenden Klängen zu profitieren.
Klangschalen in Kindertagesstätten und Schulen
Klangschalen sind inzwischen auch in zahlreichen Kindertagesstätten und Schulen zu finden. Oft werden sie jedoch nur als „Signalinstrument” verwendet. Dabei können sie, fundiert und gezielt eingesetzt, so viel mehr bewirken. Das zeigen die Ergebnisse zweier Untersuchungen zur „Klang-Pause – einer Art Mini-Intervention mit Klangschalen, die nur 2 bis 5 Minuten in Anspruch nimmt. Prof. Dr. Hella Erler und Prof. Dr. Luis Erler aus Regensburg befragten 19 Erzieher/-innen und vier Lehrer/- innen zu ihren Beobachtungen zur täglichen, systematischen Anwendung der Klang-Pause. An den beiden Projekten nahmen insgesamt 1536 Kinder und Jugendliche im Alter von 3- 17 Jahren teil. Die Ergebnisse belegten positive Auswirkungen auf Motivation, Konzentration, Ausdauer und Sozialverhalten der Kinder und Jugendlichen. Eine der Untersuchungen wurde 2010/2011 im Auftrag der Landeshauptstadt München im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements durchgeführt. Dabei interessierte vor allem, ob auch die Erzieher/- innen selbst von der Klang-Pause profitierten. Diese Vermutung konnte bestätigt werden. Die kurze Intervention legt großen Wert auf den eigenverantwortlichen Einsatz der Klangschalen durch die Kinder. In sogenannten „KliKWorkshops“ erfahren interessierte Eltern, Erzieher/- innen oder Lehrer/-innen, wie sie Kinder zum spielerischen Umgang mit den Klangschalen heranführen und „Spielen und Lernen mit allen Sinnen“ unterstützen können.
Berührung ohne Anfassen und Kommunikation ohne Worte
In vielen Bereichen von Pädagogik, Beratung/Therapie oder im Heilwesen kommt noch eine weitere Qualität der Klänge zum Tragen: Sie ermöglichen eine Begegnung durch Berührung ohne Anfassen, eine Kommunikation ohne Worte. Günter Stadler nutzt das in seiner Arbeit mit behinderten Menschen, die oft keinen direkten Körperkontakt mögen oder sich verbal nicht oder nur bedingt ausdrücken können. 30 Bewohner/-innen von inzwischen vier Einrichtungen der Lebenshilfe München dürfen sich monatlich auf sein Kommen freuen. Entspannung, Wohlfühlen, Gefühle von Geborgenheit sind dem Klangmassagepraktiker dabei besonders wichtig. Immer wieder erhält er Rückmeldungen wie die einer Betreuerin über ihre Beobachtungen während einer Klangmassage mit einem hyperaktiven jungen Mann: „So ruhig habe ich Hartmut(1) in den bisherigen 15 Jahren nie gesehen. Wenn ich dies hier im Fernsehen oder auf Video angesehen hätte, ich würde es nicht glauben!“
Patienten und Pflegekräfte profitieren gleichermaßen
Immer häufiger werden Klangschalen aber auch von Fachleuten aus Heilberufen genutzt, so auch in der Pflege. Die Sozialmanagerin, examinierte Altenpflegerin und Palliativexpertin Rosemarie Bleil weiß aus eigener Erfahrung und vielfachen Beobachtungen/Dokumentationen, dass sowohl Patienten wie auch Pflegekräfte in stationären Einrichtungen und im ambulanten Dienst vom gezielten Einsatz der Klangschalen profitieren können. Die positiven Auswirkungen auf Schlafverhalten, Schmer zen und Medikamentengabe überzeugen auch Klinikleitungen. Dazu kommt, dass oft ein Rückgang der Krankheitsquote beim Pflegepersonal verzeichnet werden kann. So gibt es inzwischen fünf Projekte im Landkreis Rosenheim, bei denen Klangschalen und Klangmassage fest in den Pflegealltag integriert sind.
Klangmassage und Schlaganfall
Die Klangentspannung ist aber nicht nur eine Entspannungsmethode, sondern kann in der Hand einer entsprechend ausgebildeten Fachkraft auch zum therapeutischen Instrument werden bzw. mit anderen therapeutischen Verfahren kombiniert werden. So liegen gute Erfolge vom Einsatz der Klangmassage im Rahmen ergotherapeutischer Behandlungen von Schlaganfall- Patienten vor. „Es ist, als ob die Zellen sich durch die Klangschwingungen wieder an ihre ursprüngliche Funktion erinnern und diese wieder aufnehmen“, erklärt die Ergotherapeutin Angelika Rieckmann. Erste Hinweise auf solch eine „vitalisierende“ Wirkung der Klangschalen- Klänge gibt auch eine Untersuchung der Zellbiologin Prof. Dr. Maria Anna Pabst an der Universität Graz, die die Wirkung der Klangschalenklänge auf Zellen in Zellkultur untersucht hat. Die Klänge wirkten sich u.a. positiv auf die Zellteilung aus.
Durch äußeren Klang zum inneren Ein-Klang
Klänge und Klangmassage können auch sinnvoll im Rahmen von Beratung und Therapie zum Einsatz kommen. Im Zuge der einsetzenden Entspannung wird der Zugang zum „Unbewussten“ begünstigt, zu Intuition und Kreativität. „Klänge erinnern uns daran, wie wir ursprünglich gemeint waren. Sie verbinden uns mit dem Eigentlichen, Ursprünglichen“, so die Heilpraktikerin für Psychotherapie und systemische Therapeutin Connie Henning. Aus ihrer langjährigen Tätigkeit als Hebamme weiß sie um die unterstützende Wirkung der Klänge in krisenhaften Lebensphasen. Davon berichtet auch Elisabeth Stadler, in deren Praxis für Heilkundliche Psychotherapie oft Frauen mit Angststörungen kommen. In ihrer Verbindung aus Entspannungsmethode und körperorientiertem Verfahren kann die Klangmassage eine wunderbare Brücke sein, um wieder in Kontakt mit sich selbst und dem eigenen Körper zu kommen. Aber auch am Ende eines Lebens werden Klangschalen für viele Menschen zu hilfreichen Begleitern, wie die Heilpraktikerin und Klangmassagepraktikerin Katharina von Gagern berichtet. Die Klangschalen sind ihr zu Wegbegleitern in der Hospitzarbeit geworden. „Es gibt niemanden, der sie nicht mochte“, so ihre bisherige Erfahrung.
(1) Name geändert
DIE AUTORIN:
Dr. phil. Christina M. Koller ist Sozialwissenschaftlerin (Promotionsthema: Der Einsatz von Klängen in pädagogischen Arbeitsfeldern) und langjährige Mitarbeiterin am Peter Hess Institut.
Kontakt
Web: www.peter-hess-institut.de
E-Mail: guenterstadler@online.de
Telefon: Günter Stadler, 08254 1703