Über Tantra wurde schon so oft geschrieben und dabei stand meist die Frage im Vordergrund, die für uns in der westlichen Welt unser Denken prägt: Was hat Tantra mit Sex zu tun? Ist es eine kultivierte Art der Sexualität mit einer Weiterentwicklung zum kosmischen Orgasmus oder was wir da sonst noch so assoziieren. Da diese Themen ja zu unserem Sein dazugehören und es nicht unerheblich beeinflussen, werden sie eben nicht – wie in so vielen anderen Konzepten und Schulen – ausgeklammert oder unterdrückt. Und gleichzeitig stelle ich fest, dass damit oft unsere Denkmuster einrasten und wir gar nicht mehr über diese Muster hinaus denken, fühlen und erleben.
Wesentlich ist, dass Sexualität im Tantra gar nichts Besonderes ist, das mit mehr Aufmerksamkeit behandelt wird als all die vielen anderen Themen unseres Lebens. Und auch unsere Sexualorgane werden, wie unser ganzer Körper, als ganz normale Fühlorgane gesehen und behandelt – das ist für mich als Mann ganz besonders spannend und weit ab von dem, was ich kannte.
Im SkyDancing Tantra sind unsere Themen durch das Schlagwort Selbstliebe und die sich daraus entwickelnde und verstärkte Lebendigkeit und Bewusstheit umfassend beschrieben. Stelle dir einmal vor, dass dein physischer und psychischer Zustand im Hier und Jetzt das Beste ist, was du erreichen konntest – bei all deinen Voraussetzungen, deinen Belastungen und Förderungen, bei deiner Ernährung, deiner Erziehung und Bildung sowie den vielen Erlebnissen und Erfahrungen. Ist es da nicht an der Zeit, deinen Körper zu lieben und deine Seele und deinen Geist dankbar wertzuschätzen für all das, was dir widerfahren ist, im Guten wie im Schlechten. Du hast das Beste daraus gemacht mit all den dir zur Verfügung stehenden Fähigkeiten und Kräften – WOW. Da ist kein Bedauern über Fehler oder falsche Entscheidungen, denn dies war zu dem Zeitpunkt in der Vergangenheit das Beste, was dir bewusst und unbewusst möglich war. Körperliche Beschwerden und Einschränkungen sind Ausdruck deines Körpers, der für dich das Beste zu erreichen sucht, was unter all den Umständen für ihn möglich war und ist.
Deine Vergangenheit ist vorbei; dein Jetzt kannst du spüren und wahrnehmen. Dein Handeln im Jetzt beeinflusst deine Zukunft, und zwar in allen Lebensbereichen. Und wenn in diesem Moment, im Jetzt, dein Sein nicht durch Tanzen und Singen geprägt ist, dann kannst du wählen, welchen weiteren Weg du jetzt einschlagen könntest, damit sich ein derartiges Lebensgefühl in deiner Zukunft eher einstellen wird. Und dann bist du mitten im Tantra angekommen – dich zu jedem Zeitpunkt bewusst zu entscheiden, was gut für dich ist.
Oft verwechseln wir Glück mit angenehmen Empfindungen und Leid mit unangenehmen – wir sehnen uns daher nach den angenehmen Gefühlen und wollen unangenehme vermeiden. In Wahrheit sind unsere Empfindungen ununterbrochen im Wandel und wenn wir ihnen zu viel Bedeutung beimessen, ergreifen sie Besitz von uns und machen uns unzufrieden. Sogar bei einem angenehmen Gefühl können wir unzufrieden sein, da wir wollen, dass es noch stärker wird, oder weil wir Angst haben, dass es vergeht. Die Ursache unseres Leids ist somit nicht Trauer, Schmerz, Sinnlosigkeit, sondern die Jagd nach subjektiven Empfindungen. Schmerz muss kein Leid verursachen, Freude stört den inneren Frieden nicht. Spüre deine Lebendigkeit mit ruhigem und klarem Geist und werde zufrieden.
Die Anbieter von Tantra-Seminaren nennen sich häufig Institut, denn das Wesen der Veranstaltungen kann tatsächlich ähnlich einer Universität als besonderer Raum, gleich einem Forschungslabor, verstanden werden, in dem die Teilnehmer*innen mit sich experimentieren, sich erforschen und erkennen. Und hier sind die Themen, die auf allen Ebenen des Erlebens gezielt angesprochen werden:
- Wie stabilisierst und erdest du dich durch deinen körperlichen Willen zum Sein mit all seinen materiellen Rahmenbedingungen, wobei Aspekte z. B. der Fortpflanzung und dein Urvertrauen einbezogen sind?
- Wie bringst du dein schöpferisches Sein ins Fließen mit deiner Sinnlichkeit und Erotik, Kreativität, Staunen und Begeisterung?
- Wie gestaltest du dein Leben und entfaltest deine Persönlichkeit auf Basis der Verarbeitung von Gefühlen und Erlebnissen sowie der Bedeutung von Einfluss und Macht, Kraft und Fülle?
- Wie gibst du dich deinem Sein hin in der Entfaltung deiner Herzensqualitäten, in Liebe, Mitgefühl und Hingabe?
- Wie bringst du die Erkenntnis deines Seins zum Ausdruck durch Kommunikation in Offenheit und Unabhängigkeit?
- Wie erkennst du deine Lebensaufgabe und den Sinn deines Lebens durch Intuition, Entwicklung der inneren Sinne, Geisteskraft und Willensprojektion?
- Wie erlebst du deine Spiritualität als höchste Erkenntnis, durch Vereinigung mit dem All-Seienden und die Erfahrung eines universellen Bewusstseins?
Mit dem Intellekt Theorien und philosophische Annahmen zu all unseren Lebensthemen zu entwickeln – z. B. was ist Liebe? – ist vergleichsweise einfach und je weniger du weißt, desto leichter fällt es dir, eine Antwort zu geben. Aber es bleibt bedeutungslos, solange nur intellektuelle Erfahrung im Mittelpunkt steht. Die Frage kann jedoch auch experimentell aufgefasst werden und Tantra schlägt zur Beantwortung Techniken vor, wie du diese Erfahrung – z. B. der Liebe – machen kannst. Begibst du dich in diese Erfahrung, so wird sie dich in einer Weise verändern, wie du es zuvor nicht denken konntest. In der Liebe kannst du Einheit erfahren und empfinden.
Um Liebe zu erkennen, brauchst du keine Theorie oder Erklärung, sondern einen Weg, der dich dort hinführt. Und du musst bereit sein, dass dich diese Erfahrung grundlegend verändert, dass du also ein anderer Mensch wirst. Tantra ist keine Religion und es werden keine Tempel gebaut – du selbst bist Tempel genug und du hast den Mut, dich für dich selbst zu interessieren und dich zu erforschen. Die Praktiken und Übungen zielen vor allem darauf ab, dich beim Erspüren und Erfahren deiner selbst zu unterstützen und zu schulen. Tantra bietet Techniken, um dich gezielt durchlässiger und lebendiger bei bewusst ausgewählten Themen deines Lebens zu machen. Und diese Werkzeuge und Methoden erlauben dir dich neu zu erfahren – bis dahin, deine Spiritualität zu entdecken und zu stärken. Diese Erfahrung deiner selbst lässt dich anderen Menschen ganz neu begegnen – in Eigenständigkeit und Verbundenheit.
Ich habe Tantra als einen wertvollen spannenden Weg erlebt, auf dem ich Qualitäten gewonnen habe, die ich in meinem Leben nicht mehr missen möchte. Und damit ist Tantra für mich mitten in meinem Leben, meinem Alltag JETZT UND HIER angekommen.
Um Liebe zu erkennen,
brauchst du keine Theorie
oder Erklärung, sondern
einen Weg, der dich
dort hinführt.
DER AUTOR:
Andreas Rupp ist mit drei eigenen und drei angeheirateten Kindern als Hochschul-Professor fest im Leben verankert. Er gibt seit 2012 Tantra- Seminare und hat 2017 SkyDancing Tantra Deutschland übernommen.
Kontakt
Web: www.skydancing-tantra.de