Arbeiten, weil es Spaß macht…
Im Dezember 2004 sprach sich Götz W. Werner – erfolgreicher Unternehmensgründer der Drogeriekette „dm“ – erstmals öffentlich für die Einführung eines rechtlich gesicherten „bedingungslosen Grundeinkommens” für jeden Bürger aus. Seine Idee, die ich im Folgenden kurz vorstellen möchte, könnte eine menschenwürdige Alternative darstellen in einer Zeit der weltweit ausufernden Kapitalwirtschaft, die einen immer größer werdenden materiellen Überfluss auf immer weniger Menschen verteilt und irreparable ökologische Schäden verursacht. Und sich womöglich ihrem historischen Wendepunkt nähert…
Radikaler wirtschaftlicher Umbruch?
Der Astrologe Martin Banger sagte aufgrund Plutos Eintritt in den Steinbock bereits im Herbst 2007 „radikale wirtschaftliche Umbrüche” vorher. Während sich der Planet die letzten beiden Male in diesem Zeichen aufgehalten hatte, kam es jedesmal zum Niedergang einer alten bzw. zum Entstehen einer neuen Wirtschaftstheorie – 1516-1532 (Einführung des Zinssystems in Deutschland durch die Fugger, erste große Inflation durch Ausbeutung der spanischen Kolonien in Übersee…) und 1762-1778 (Beseitigung feudaler Privilegien, Industrialisierung, Ablösung des Merkantilismus durch die liberale Wirtschaftsordnung nach Adam Smith, erstes Börsengebäude der Welt in Antwerpen etc.)* Die Selbstregulierungskräfte des Marktes greifen nicht mehr, unsere soziale Volkswirtschaft hat einen Sättigungspunkt erreicht, die Rationalisierungseffekte werden sich in Zukunft vermutlich noch steigern, die soziale Ungleichheit wird zunehmen. Eine Lösung für dieses Dilemma könnte die Theorie des Unternehmers Götz Werner darstellen – das bedingungslose Grundeinkommen.
* „Pluto im Steibock”, Martin Banger
Ein Grundeinkommen losgelöst von Arbeit
Die Idee des Grundeinkommens ist folgende: Jede Bürgerin und jeder Bürger erhält je nach Alter einen festen Grundbetrag – ein Einkommen, das unabhängig von einer Arbeitsleistung, also bedingungslos, ausbezahlt wird. Dies könnten z. B. anfangs 500,- € sein, die dann im Laufe der Zeit auf z. B. 1.500,- € ansteigen würden – auf jeden Fall in einer Höhe, die eine Existenzsicherung gewährleistet. On top käme das individuelle Erwerbseinkommen, dass jede/r nach Wunsch, Leistung und Fähigkeit dazu verdienen würde.
Grundlegende Steuerreform
Hand in Hand ginge eine schrittweise (!) Umstrukturierung des gesamten Steuersystems von der jetzigen Einkommenssteuer hin zu einer Verbrauchssteuer (wie sie bereits 1919 von Rudolf Steiner vorgeschlagen wurde). Das heißt, nicht mehr die Arbeit würde nun versteuert werden, sondern der Konsum: Wer mehr verbraucht, zahlt höhere Steuern.
Wie ist ein Grundeinkommen finanzierbar?
So würde zum Einen der komplexe und teure Steuerapparat wegfallen, zum Anderen könnten alle bereits bestehenden Transfergelder wie Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Rentenzahlungen, Kinder- und Wohngeld und sonstige Subventionen – und das waren bereits im Jahr 2002 mehr als 720 Milliarden Euro, d. h. mehr als 33 % vom Bruttoinlandsprodukt* – eingespart bzw. umgelegt werden. Auf dem Markt würden sich nach Götz Werner die Nettopreise zwar einerseits wegen der Verbrauchssteuer erhöhen, gleichzeitig aber durch den Wegfall der Sozialabgaben für die Arbeitgeber auch wieder verringern. Exportwaren könnten billiger werden, da die Belastungen durch Einkommens- bzw. Ertragssteuern wegfielen. Die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft wäre somit enorm gestärkt, die Abwanderung von Unternehmen ins Ausland würde automatisch gestoppt werden.
* Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, 2002
Arbeiten, weil es Spaß macht…
Was würden Sie tun, wenn Sie mit einem Gundgehalt plötzlich der Existenzsorgen entledigt wären? Und keine Arbeit mehr verrichten müssten, die Ihnen nicht wirklich zusagt? Vermutlich würden Sie nun das tun, was Ihnen am meisten Freude bereitet, was Ihren Fähigkeiten und Interessen tatsächlich entspricht. Stellen Sie sich einfach einmal vor: Sie können sich nun völlig frei und selbstbestimmt eine Arbeit suchen, die Sie ausfüllt und soviel dazu verdienen, wie Sie möchten – der eine mehr, der andere weniger… Arbeit wird nicht mehr als Last, sondern als kreativer Akt, als Bereicherung verstanden. Die Unternehmen wiederum profitieren von motivierten und arbeitswilligen Menschen. Die Zahl der Selbständigen und Kleinbetriebe schießt vermutlich in die Höhe und neue Arbeitsbereiche – sei es nun im sozialen, im kreativen oder im Dienstleistungssektor – entstehen. Durch den Gewinn von Freizeit – letztlich eine vernünftige Konsequenz der immer stärker werdenen Rationalisierung – verbessert sich die Lebensqualität aller, man ist nicht mehr einfach nur ein „Arbeitsbürger”, sondern ein selbstbestimmter, kreativer und wohl auch lebensfreudiger Mensch… Vor allem würde auch der enorme Leistungsdruck, der heute unsere Gesellschaft belastet, abgebaut und Arbeitslosigkeit nicht mehr als persönliches Versagen gewertet werden. Soziale Werte würden eine neue Bedeutung erhalten und Armut gäbe es schlichtweg nicht mehr!!
Wir müssen uns von Denk- und Wertstrukturen verabschieden, die noch aus der Zeit des Feudalismus stammen.
GÖTZ W. WERNER
Deutschland als Vorreiter?
Deutschland hat 1968 als eines der ersten Länder die Mehrwertsteuer eingeführt. Warum sollte es dieses Mal nicht mit einer neuen Wirtschaftsidee Vorreiter sein? Ein Grundeinkommen könnte einen wirklich demokratischen Sozialstaat begründen, der uns allen eine eigenverantwortliche und repressionsfreie Lebensführung ermöglicht. Zudem würde das Modell des Grundeinkommens dem demografischen Wandel entsprechen, da ältere Menschen je nach Wunsch in den Arbeitsprozess eingebunden werden können – das Schreckgespenst der künftigen Finanzierung der Alterseinkommen wäre ein für alle Mal verjagt. Es versteht sich von selbst, dass diese radikale Idee mit Bedacht und Schritt für Schritt umgesetzt werden müsste, aber vielleicht beinhaltet sie eine Lösung für eine gerechtere und entspanntere Welt…
LITERATUR ZUM THEMA:
- „Ein Grund für die Zukunft: das Grundeinkommen”, Götz W. Werner, Verlag Freies Geistesleben
- „Einkommen für alle”, Götz W. Werner, Verlag Kiepenheuer & Witsch, 2007
DIE AUTORIN:
Claudia Meißner
Kontakt
Web: www.unternimm-die-zukunft.de