Sanfte Hilfe für den Rücken
Ein Septemberabend 1999 in einer Allgäuer Bauernküche. Ein 65jähriger Mann tritt ein, offensichtlich mit großen Schmerzen. Er darf sich auf die Couch legen. Seine Beine werden gestreckt hochgehoben. Der rechte Absatz ragt vier Zentimeter über den linken hinaus. Das längere Bein muss er nun anwinkeln, mit der Hand seitlich an der Pobacke dagegenhalten und es ablegen. Wieder werden die Beine hochgehoben, nun sind die Schuhsohlen parallel, die vier Zentimeter Beinlängendifferenz sind verschwunden.
Vor acht Jahren bandscheibenoperiert, habe er nach der Operation zehn Wochen lang nicht sitzen können, berichtet er. Die Knochen seien deformiert, Arthrose habe er in Knien, Schultern, überall. “Damit müssen Sie leben“, habe man ihm gesagt. 97 Röntgenbilder habe er inzwischen.
Nach Überprüfung der Beingelenke werden Becken und Schulter kontrolliert, dann geht es an die Wirbelkorrektur von unten nach oben. Nach einer halben Stunde ist alles ganz sanft und ohne große Schmerzen vorbei. Es gibt noch einige Ratschläge und ein paar Übungen. So ganz versteht er die Welt nicht mehr und meint kopfschüttelnd: “I lauf los wie a Junger.“
Es begann mit der Bandscheibe
„Ich bin oft Endstation“, sagt der Bauer und Sägewerksbesitzer Dieter Dorn, der diese Korrektur ausgeführt hat. Vor über 25 Jahren hatte er selbst einen Bandscheibenvorfall, als er einen Balken hochheben wollte. Mit dem Gedanken „Schlimmer kann’s nicht mehr werden“ schleppte er sich zum 80-jährigen Schlossbauern in Lautrach, über den er in der Jugend oft gelacht hatte. Da musste er sich an den Tisch stellen und mit dem Bein schlenkern, während der Alte irgendwie an der Wirbelsäule drückte. Der Schmerz war sofort weg und Dorn konnte gleich wieder seine Arbeit aufnehmen. Verwundert fragte er, ob man das auch lernen könne. “Du brauchst das nicht. Du kannst das schon“, meinte der Mann. Und noch ehe Dorn sich die Sache näher anschauen konnte, war der Schlossbauer gestorben. So ist das, was sich heute Dorn-Therapie nennt, auch von ihm selbst entwickelt worden.
Fühl-Therapie
„Die Dorn-Therapie ist keine Chiropraktik, sie ist eine Fühl-Therapie“,
sagt er selbst darüber. Der Laie Dorn konnte bereits vor 25 Jahren die Lösung für die langjährigen Kopfschmerzen seiner Frau finden. Auf dem Röntgenbild sah es so aus, als seien die Querfortsätze der Halswirbel zu lang. “Die müsste man abmeißeln“, meinte ein Professor. Beim Abtasten der Halswirbelsäule fühlte Dorn Unregelmäßigkeiten, die er behutsam drückte und lockerte. Bei der Bewegung des Halses rutschten die Wirbel dann in die Normalposition und die zehnjährigen Kopfschmerzen waren vorbei.
In der Chiropraxis wird der Kopf auf die Seite gedreht oder geschleudert, die Muskelbänder der HWS werden dabei oft überdehnt. Da kann der korrigierte Wirbel auch leicht wieder weggleiten. Bei der Behandlung nach Dorn wird nichts gedehnt, oft gelingt die Wirbelkorrektur sogar den Patienten selbst und zwar so: Die Halswirbelsäule nach Unregelmäßigkeiten abtasten, die Muskulatur weichdrücken, den Kopf leicht auf die betroffene Seite neigen, mit der Hand dagegen halten und den Kopf links-rechts drehen.
Die Dorn-Therapie beginnt stets an der Basis und arbeitet von unten nach oben. Zuerst wird die Beinlänge gemessen, wobei der Reihe nach Sprung-, Knie- und Hüftgelenk überprüft und korrigiert werden. Es wird jeweils die einfachste Bewegung gemacht, die nötig ist, das Gelenk zu repositionieren. Abbiegen und mit Druck auf das Gelenk gerade stellen das gilt für alle Gelenke.
Wenn die Beine verschieden lang sind, steht das Becken schief. Das Becken besteht aus zwei Schalen, die sich verschieben und verdrehen können. Auch die Wirbel müssen auf den schiefen Untergrund reagieren und sich dagegenstellen. So haben manche Menschen Wirbelprobleme an acht bis zehn verschiedenen Stellen. Bis in die jüngste Zeit ist man nun davon ausgegangen, dass eines der Beine zu kurz gewachsen sei. Man hat die fehlenden Zentimeter durch Schuheinlagen oder Absatzerhöhungen auszugleichen versucht, ja sogar Überstände operativ entfernt.
Echte Beinlängendifferenz ist selten
Mit einer Erfahrung von weit über 100.000 Behandlungen in über 25 Jahren sagt Dorn: “Auf 750 Fälle kommt eine echte Beinlängendifferenz.“ Das bedeutet, dass in 749 von 750 Fällen nach der Korrektur der Beine die Längendifferenz verschwunden ist.
Damit würden all die üblichen Erklärungen und Maßnahmen von “Das ist ganz normal, das hat fast jeder“ über Einlegesohle und Absatzerhöhung bis zur operativen Knochenverkürzung an der Wirklichkeit vorbeigehen. Ein einfacher Hebelgriff beweist es.
Echte Beinlängendifferenzen liegen nur bei Kinderlähmung, Unfall o.ä. vor. In über 90% sind die Hüftgelenke betroffen oft eine Folge falschen Haltens bei der Geburt. Beim Laufen mit subluxiertem Gelenk kann sich dieses am längeren Bein entzünden. Verlagert man aber das Gewicht aufs andere Bein, so entzündet sich das Hüftgelenk an diesem. Eine Unterlage unter das kürzere Bein ist keine Lösung, sondern eine Verschleierung des Problems. Wenn in allen Schulen und Kindergärten die Beinlängen spielerisch geprüft würden, bliebe so manchem erspart, sich im schrägen Gang eine Hüftgelenksprothese zu erlaufen.
Auf dem nebenstehenden Foto zeigt Dieter Dorn einer Krankengymnastin, die mit großen Beschwerden ins Seminar gekommen war, 6 cm Beinlängendifferenz. Eine Repositionierung des Hüftgelenks verkürzt das Bein um 4 cm, die weiteren 2 cm verschwinden nach der Arbeit an Knie- und Sprunggelenk.
Dann zeigt er ihr, was Krankengymnastik auch “bewirken“ kann. Sie soll das Knie zum Oberkörper hochziehen. Als er ihre Beine hochhebt, ist das linke wieder zu lang. Jetzt hebelt sie es selbst hinein, die Kontrolle zeigt Gleichstand. Nun soll sie etwas vom Boden aufheben. Dabei bückt sie sich wie in der Rückenschule gelernt und geht in die Hocke. Das war offensichtlich falsch, denn nun ist ihr Bein wieder 4 cm länger. Beim Hocken werden die ausgeleierten Muskelbänder des Hüftgelenks sehr beansprucht und können noch nicht halten. Ein Woche lang soll sie diesen Bändern Ruhe und Regeneration gönnen und dabei z.B. vermeiden mit überkreuzten Beinen zu sitzen oder überhaupt zu dehnen. Abends im Bett wird sie mit dem gelernten Hebelgriff dafür sorgen, dass das Hüftgelenk in der rechten Position ist und die Bänder sich wieder straffen. Diese Übung macht sie auch tagsüber stehend nach längerem Sitzen. Wenn nach 1-2 Wochen keine Beinlängendifferenz mehr vorhanden ist, kann mit den Übungen aufgehört werden.
Vorbeugende Übungen
Dieter Dorn empfiehlt vier Übungen zur täglichen Vorbeugung:
- Die Hüftgelenksübung, bei der man abends liegend das Bein abwinkelt, mit der Hand seitlich dagegen hält und es ablegt.
- Die Beckenschaukel: Der Oberkörper liegt bis zum Becken auf einer Bank (oder Tisch), die Beine werden gegenläufig auf und ab bewegt. Diese Übung korrigiert das Becken sowie den Kreuzbein /Steißbeinbereich.
- Das Aushängen z.B. zwischen zwei Stuhllehnen bei leichtem Pendeln der Beine lockert die Wirbelsäule.
- Die Lockerung der HWS-Muskulatur und ggfs. Repositionierung von Wirbeln durch Links-rechts-Drehen des Kopfes mit Dagegenhalten.
Nachdem Becken und Schulter geprüft und korrigiert sind, geht’s an die Wirbel. Zur Korrektur der Wirbel darf man sich bei Dieter Dorn in einen für diesen Zweck gebauten Lauftrainer stellen. Beim Laufen werden die Muskeln zu beiden Seiten der Wirbelsäule schön abwechselnd gezogen. Sind sie locker, so lassen sich die Wirbel bei dieser Gehbewegung meist leicht mit dem Daumen in die rechte Position schieben. Ohne Laufgerät muss der Patient mit dem jeweils gegenüberliegenden Bein pendeln. Zur Behandlung der oberen Brustwirbelsäule sitzt der Patient und pendelt gegenläufig mit beiden Armen.
Massage nach Rudolf Breuß
Bei Patienten mit sehr starken Schmerzen hat sich die sehr wirksame Massage von Rudolf Breuß vor der Dorn-Thearpie bewährt. Bei dieser sanften Massage mit Johanniskrautöl entlang der Wirbelsäule können sich die manchmal stark zusammengedrückten Bandscheiben wieder vollsaugen und aufquellen wie ein Schwamm im Wasser.
Große Erfolge bei schweren Skoliosen
Die Dorn-Therapie ist aber nicht nur bei Kreuzschmerzen aktuell, sondern auch oft bei gestörten Organfunktionen. So kam z.B. zu Dorn ein Frau, die ihre Zunge nicht mehr in den Mund zurückziehen konnte. Mit der Korrektur des 2. Halswirbels war dieses Problem behoben. Die größten Erfolge hat Dorn bei schweren Skoliosen. Es kann drei bis fünf Jahre dauern, aber nach regelmäßigem Üben werden die Patienten wieder gerade. Ebenso verschwindet Bettnässen durch die einfache Korrektur des “Blasenwirbels“ (3. LW) meist von selbst. Bei Migräne kann der 3. LW beteiligt sein sowie der „Gallenwirbel“ (4. BW) und vor allem der HWS-Bereich. Oft genügt eine Wirbelfehlstellung von weniger als 1mm, um den Nerv einzuklemmen und damit die Organfunktion zu schwächen, die über diesen Nerv gesteuert wird. So trifft man relativ häufig Menschen mit mehreren blockierten Brustwirbeln.
Die Dorn-Therapie hat sich inzwischen weltweit verbreitet. Heute sind es meist Physiotherapeuten, Krankengymnasten, Heilpraktiker und Ärzte, aber auch Laien, die sich in die Therapie einweisen lassen. Dieter Dorn geht davon aus, dass in der Regel eine bis drei Behandlungen genügen.
DIE AUTOREN:
Franz Josef Neffe, Dipl. Päd. Univ. und Birgitt Maria Neffe, Heilpraktikerin
Herr Neffe vermittelt kostenlos Therapeuten, die nach der Methode von Dieter Dorn arbeiten.