Millionen von Frauen nehmen Östrogene ein, im Glauben, es würde sie jung erhalten und ihnen die Wechseljahrsbeschwerden ersparen. Der amerikanische Arzt Dr. John R. Lee hält diese, von der Pharmaindustrie verbreitete Annahme für einen modernen Mythos. Aufgrund seiner jahrzehntelangen Forschungen vertritt er den Standpunkt, dass nicht ein Östrogenmangel Ursache für sehr viele Beschwerden vor und während der Wechseljahre sei, sondern vielmehr ein Mangel an Progesteron.
Die gängige schulmedizinische Erklärung besagt, dass sich zu Beginn und während des Klimakteriums das Östrogen dramatisch verringert und es somit zu den sogenannten Wechseljahresbeschwerden kommt, z.B. Knochenabbau (Osteoporose), Herzprobleme, Hitzewallungen, psychische Sensibilität oder Depressionen. Deshalb – so die Argumentation – könnten diese Beschwerden durch eine entsprechende Zufuhr von Östrogen gemildert bzw. ganz beseitigt werden.
Ganz anders hierzu jedoch die Meinung von Dr. Lee und mittlerweile vielen Frauen und Frauenärzten – vor allem in den USA und in England: Nicht der Mangel an Östrogen verursacht diese Problematik, sondern der Mangel an Progesteron – dem sogenannten Gelbkörperhormon, das in der zweiten Zyklushälfte in den Eierstöcken menstruierender Frauen produziert wird. Findet kein Eisprung statt oder ist die Gelbkörperphase zu kurz, wie es vor und in den Wechseljahren vorkommt, ist im Verhältnis zum Progesteron eine sogenannte Östrogendominanz gegeben – das Progesteron kann seiner Aufgabe, das Östrogen im Gleichgewicht zu halten, nicht mehr gerecht werden.
Hinzu kommt, dass heutzutage sogenannte Fremdöstrogene – chemische Stoffe aus der Umwelt, die sich wie Östrogene verhalten, z.B. Zerfallsprodukte aus der Kunststoffindustrie, aber auch Hormonersatzpräparate oder Antibabypillen, die ins Trinkwasser gelangen – eine zusätzliche Östrogendominanz hervorrufen. Somit sind wir mittlerweile alle mehr oder weniger davon betroffen.
Um es gleich vorweg zu nehmen: es handelt sich hier nicht um eine unverändert natürliche und progesteronähnliche Substanz, sondern um bioidentisches Progesteron, d. h. Progesteron mit der körpergleichen Molekularstruktur. Pflanzen wie z. B. die Yamswurzel, die mexikanische Süßkartoffel, die Mistel oder der Mönchspfeffer enthalten das Sterol Diosgenin, aus dem durch eine einfache chemische Umwandlung das „natürliche“ Progesteron hergestellt wird. Es hat sich herausgestellt, dass der Körper natürliches Progesteron am besten über die Haut aufnimmt, deshalb wird es mittlerweile fast nur noch als Creme bzw. Gel angeboten.
Dr. Lees Forschungen haben gezeigt, dass Progesteron viele positive und nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf den weiblichen Körper hat: Es schützt vor Gebärmutter- und Brustkrebs sowie vor Knötchen und Geschwülsten in der Brust, beugt Herzerkrankungen vor, erhöht die Hautfeuchtigkeit, wirkt antidepressiv und hilft hervorragend bei prämenstruellen Symptomen. Viele Frauen berichten, dass sie durch die Anwendung an Gewicht verlieren, mehr Energie haben oder ihre sexuelle Lust verstärkt wird.
Ein weiterer Faktor ist die Verhinderung der Osteoporose: Natürliches Progesteron bewirkt eine signifikante Erhöhung der Knochendichte – eine Steigerung um 10% im ersten Jahr, um 3 – 5 % in den darauffolgenden Jahren ist für Dr. Lees Patientinnen typisch.
Dies alles im Gegensatz zum Östrogen, das, wenn es nicht mehr vom Progesteron im Gleichgewicht gehalten wird, zu Symptomen wie Depression, Schlaflosigkeit, starker oder unregelmäßiger Periode, Verminderung der sexuellen Lust, fibroider Knoten, Kopfschmerzen, Wassereinlagerungen, Empfindlichkeit der Brust, Gewichtszunahme, Vermehrung des Fettgewebes, PMS oder Stimmungsschwankungen führen kann. Man geht heute auch davon aus, dass durch Östrogenüberschuss das Brust- bzw. Gebärmutterkrebs-Risiko wesentlich erhöht wird. Eine dreißigjährige Studie an der John-Hopkins-Universität (USA) hat gezeigt, dass Frauen mit niedrigem Progesteronspiegel 5,4 mal öfter Brustkrebs bekamen und 10 mal öfter an verschiedensten Krebsarten starben.
Stellt sich nun noch die Frage, warum dieses natürliche Progesteron – ein preiswertes pharmazeutisches Produkt – in Deutschland bislang fast unbekannt ist. Die Antwort ist ganz einfach: Da die Pharmaindustrie hier kein Patent anmelden kann, sind die Gewinnerwartungen wohl zu gering.
Natürlich hat man natürliches Progesteron zu sogenannten Progestativa synthetisiert. Die allerdings haben eine andere chemische Struktur und sind somit in ihrer Wirksamkeit nicht mit dem natürlichen Progesteron vergleichbar, ja sie können Krebs verursachen und viele weitere toxische Nebenwirkungen auslösen.
Wann und wie ist die Anwendung natürlichen Progesterons nun sinnvoll? Falls Sie oben genannte Symptome aufweisen, informieren Sie Ihre/n Frauen- oder Hausärztin/arzt über natürliches Progesteron (viele wissen darüber noch nicht Bescheid und verschreiben deshalb lieber ein synthetisches Progesteron!) und lassen Sie sich ein Rezept für Progesteron-Creme (1,6 % oder 3 %) aussstellen – nur in Deutschland ist es verschreibungspflichtig! Für den Eigenbedarf kann es auch im Ausland bestellt werden (siehe Adressen), in den USA kann man es sogar in den Naturkostläden kaufen. Natürliches Progesteron hat bei richtiger, individueller Dosierung keinerlei Nebenwirkungen, es gibt auch keine zeitliche Begrenzung, allerdings kann es drei bis sechs Monate dauern, bis eine spürbare Wirkung eintritt. Natürlich ist es kein Allheilmittel und niemand darf erwarten, dass es alle frauenspezifischen Probleme löst. Trotzdem zeichnet es sich als großartige Hilfe aus für die Zeit ab 40, die für uns westliche Frauen doch noch sehr tabuisiert ist und viel Unsicherheit auslöst.
Literatur zum Thema
- „Natürliches Progesteron: ein bemerkenswertes Hormon“, John R. Lee, AKSE-Verlag
- „Natürliches Progesteron“, AnnA Rushton/ Shirley A. Bond”, Goldmann TB
Gute Bücher zum Thema Wechseljahre
- „Wechseljahre“, Feministisches Gesundheitszentrum Berlin, ISBN 3-930766-10-8
- „Die gewandelte Frau“, Ingrid Riedel
- „Feuerzeichenfrau“, Julia Onken
- „Wechseljahre – Na und?“, Gail Sheehy

DIE AUTORIN:
Claudia Meißner
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Weitere Informationen zum Thema Progesteron: Dr. Eva Kessler, HP.
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